Viele Eindrücke und bewegende Momente

18.05.2017

Bei der ausführlichen Geländeführung durch das Lager Buchenwald haben wir erfahren, wie die Häftlinge willkürlich gequält und ermordet wurden, ohne dass sie gegen irgendein Gesetz verstoßen haben. Allein ihre Religionszugehörigkeit, ihr Aussehen oder ihre sexuelle Neigung führten dazu, dass sie ausgegrenzt und eingesperrt wurden. Viele Bürgerinnen und Bürger aus Weimar hatten Kontakt zum Lager und haben die ausgehungerten Häftlinge gesehen. Warum haben sie nichts dagegen getan? Was hat ein Lager wie das Konzentrationslager Buchenwald möglich gemacht? Diese Frage haben wir versucht zu beantworten und wir haben Vorschläge für unsere Landesregierung entwickelt, was wir tun können, damit sich Ausgrenzung und Gewalt nicht wiederholen.

Geschichtskurs war wieder in Weimar und besuchte das Konzentrationslager Buchenwald

Um 14 Uhr war es endlich so weit: Nach 5 Stunden Fahrt sind wir in Weimar an unserer Jugendherberge angekommen. Und jetzt hieß es, Zimmer beziehen und Weimar erkunden. Unsere erste Station war der historische Friedhof von Weimar. Dort haben wir uns die Fürstengruft und eine kleine russische orthodoxe Kirche angesehen. Nach einem kurzen Spaziergang durften wir uns dann das alte Wohnhaus von Goethe anschauen. Besonders gut gefallen hat mir die Wandgestaltung von Goethe, jeder Raum war in einer anderen Farbe gestrichen. Diese spezielle Gestaltung war nicht nur dekorativ sondern hatte auch einen besonderen Grund: Goethe wollte durch die Wahl der Raumfarbe Gefühle erzeugen Zum Beispiel sollte die Farbe Grüntürkis in seinem Arbeitszimmer verhindern, dass er sich von der Arbeit ablenken lies. Beeindruckt hat mich auch zu sehen, wie wohlhabende Menschen gelebt haben. Die Aufteilung des Hauses ist auch sehr interessant: Vorne hat Goethe in seinem mit antiken Möbeln und Statuen ausgestatteten Räumen repräsentiert und Besucher empfangen, im hinteren Teil hat er gearbeitet und geschlafen. Nach dem ausführlichen Besuch hatten wir uns unsere wohlverdiente Freizeit verdient und haben nun auf eigene Faust die Stadt erkundet. Nach dem Abendessen um 19 Uhr haben wir noch im Garten gesessen und den Tag bei warmen Temperaturen ausklingen lassen. 

Konzentrationslager Buchenwald - ein Arbeitslager für Männer

Das Konzentrationslager Buchenwald war eines der größten Konzentrationslager auf deutschem Boden. Es wurde zwischen Juli 1937 und April 1945 auf dem Ettersberg bei Weimar als Arbeitslager betrieben. Das Konzentrationslager wurde von den inhaftierten Männern gebaut, unter Anleitung der SS. Unser erster Eindruck von Buchenwald war überwältigend und einschüchternd zugleich. Die SS wohnte auf dem gleichen Gelände wie die Häftlinge hinter dem Zaun in einer komplett anderen Welt, wo es Zoos gab und Familienfeste gefeiert wurden. Die Häftlinge wurden in sechs Kategorien eingeteilt und dementsprechend so behandelt. Es gab die politischen Häftlinge, "Berufsverbrecher" und die Bibelforscher, die es nicht so schwer hatten wie jüdische Häftlinge, Homosexuelle, Sinti und Roma. Sie galten in der Vorstellung der NS als minderwertig. Dazu kamen nach Kriegsbeginn 1939 die Kriegsgefangen. In Buchenwald gab es ein großes und seit 1942 ein kleines Lager, das zunächst als Quarantänestation für 4 bis 6 Wochen verwendet wurde, das sogenannte "Durchgangslager". Die Funktion des „Kleinen Lagers“ änderte sich ab 1943, denn nun kamen kranke, nicht arbeitsfähige Häftlinge hierher, es wurde zu einem "Invalidenlager". Ende 1944 war es völlig überfüllt und es herrschten dort unglaublich schlechte hygienische Bedingungen, in einem Monat starben 6000 Menschen, es war nun ein "Sterbelager". Die Arbeitseinsätze der Häftlinge waren sehr unterschiedlich und abhängig von ihrer Einteilung. Jüdische Häftlinge, Sinti, Roma und Homosexuelle mussten im Steinbruch arbeiten. Diese Arbeit überlebte kaum jemand länger als sechs Wochen. Die Arbeit in der Verwaltung und in den Rüstungsfabriken war zumindest eine Arbeit unter Dach und bot daher größere Überlebenschancen. Ein zentraler Ort im Leben eines Häftlings war der Appellplatz. Sie mussten jeden Morgen und jeden Abend vor der Arbeit dort erscheinen um durchgezählt zu werden. Außerdem wurden die Häftlinge auf dem Platz bestraft, erniedrigt, gequält und ermordet. Als nächstes wurde uns die Krankenhausbarrake gezeigt, in der die Männer untersucht wurden. Untersucht in dem Sinne, dass sie sich ausziehen mussten und einfach an dem Arzt vorbei laufen sollten. Der daraufhin entschied, ob der Kranke arbeitsfähig war oder nicht. Wer nicht arbeitsfähig war, galt als "unnützer Esser". Von dieser "Untersuchung" hing das Leben der Häftlinge ab.

Dann haben wir das so genannte Krematorium gesehen. Sogenannt, weil es kein Krematorium im herkömmlichen Sinne war, sondern es war eine Entsorgungsanlage für Leichen. Es konnten in kürzester Zeit Leichen verbrannt und damit Beweise vernichtet werden. Außerdem war es für die jüdischen Häftlinge eine weitere Erniedrigung, da sie an die Wiedergeburt glauben und dafür ihren Körper benötigen. Zum Schluss gingen wir auf einen Wachturm. Das ganze Lager war von Stacheldraht und Wachtürmen umgeben. Von hier aus konnten wir den Appellplatz sehen. Hier wurde noch einmal deutlich, wie groß die Macht der SS war und mit welcher Willkür die Häftlinge behandelt wurden. Es gab keine Regeln, an die sich die Häftlinge halten konnten. Zum Beispiel bei der Begrüßung: Schaute der Häftling einem SS-Mann dabei in die Augen, wurde er bestraft wegen Anmaßung. Schaute er ihm am nächsten Tag nicht in die Augen, wurde er bestraft wegen Unhöflichkeit. Die Häftlinge mussten schlimmste Bestrafungen aushalten und stundenlang beim Appell stehen bleiben. Dabei wurden sie immer von den Wachtürmen überwacht und waren so immer den strengen Blicken der SS ausgesetzt. 

Wir wollten ein KZ sehen um eine Ahnung davon zu bekommen, was dort Schlimmes passiert ist. Wir sind mit Bildern von Menschen, die gequält, ausgehungert und brutal ermordet wurden nachhause gegangen. Uns hat am meisten das Krematorium beeindruckt, in dieser Stille hat man sich den Verstorbenen sehr nah gefühlt. Ich habe heute noch die Zahl im Kopf: 56.000 ermordete Häftlinge. Es war mehr als es nur gelesen zu haben, in einem Schulbuch, wir waren mitten drin. Alles war real und wir hatten den dringenden Wunsch alles zu tun, um so etwas nie wieder zu zulassen. Nach dem Rundgang im Lager haben wir uns mit der Frage beschäftigt, was wusste die Weimarer Bevölkerung? Wo gab es Berührungspunkte?

Es gab viele Berührungspunkte mit der Weimarer Bevölkerung:

Die Sterbeurkunden wurden im Standsamt von Weimar ausgestellt. Also haben die Standesbeamten gewusst, dass im KZ viele Menschen gestorben sind, auch wenn die wahre Todesursache verschleiert wurde. Sie hätten stutzig werden müssen. Da die Beamten damals aber auch Nazis waren, wurde geschwiegen. Die Kinder der SS-Wachmannschaften besuchten die Schulen in Weimar und haben mit Sicherheit auch ihre Schulfreunde nach Hause eingeladen. Lieferanten haben Ware nach Buchenwald gebracht, in den Rüstungsfabriken arbeiteten Facharbeiter aus Weimar mit den Häftlingen zusammen. Der Falkenhof – eine Freizeitbeschäftigung der SS – war ein beliebter Ausflugsort für die Weimarer Bevölkerung. Da auch der Falkenhof von Häftlingen versorgt wurde, waren die ausgehungerten und schlecht bekleideten Häftlinge für die Besucher sichtbar. Die Weimarer Bevölkerung behauptete zwar nach Kriegsende, sie hätte davon nichts gewusst. Doch angesichts der vielfachen Berührungspunkte mussten sie über die Zustände im Lager Bescheid gewusst haben. Die Menschen fanden es grundsätzlich richtig, dass es Konzentrationslager gab, in denen jüdische Mitbürger, Sinti und Roma und auch politische Gegner eingesperrt wurden. Warum? Was hat das Lager wie das KZ Buchenwald möglich gemacht und was können wir tun, damit sich Ausgrenzung und Gewalt nicht wiederholen? Es gab schon Jahrhunderte Vorurteile gegen die jüdische Bevölkerung und gegen Sinti und Roma. In der nationalsozialistischen Propaganda haben alle gesagt, dass die Juden, Sinti und Roma schlechte Menschen sind und deshalb eine Bedrohung seien. Durch diese ständige Gehirnwäsche haben die Menschen es geglaubt. Deshalb wurden sie ausgegrenzt, man sah sie im Alltag nicht mehr. Der nächste Schritt war, man hat sie eingesperrt, weil sie nicht dazu gehörten und eine Gefahr für die deutsche „Volksgemeinschaft“ waren.

So hat man uns gezeigt, was aus Vorurteilen und Ausgrenzung werden kann und was man Menschen damit antun kann. Daher sollte man heute auf jeden Fall verhindern, dass Menschen von anderem Aussehen, anderer Herkunft und anderer Religion beschimpft und ausgegrenzt werden. Wir haben daraufhin Empfehlungen an die Regierung des Landes NRW entwickelt und aufgeschrieben, damit sich Ausgrenzung und Gewalt nicht wiederholen. Hier einige unserer Vorschläge: Regelmäßige Gesprächsrunden in den Stadtbezirken, an denen Menschen aus allen dort lebenden Kulturen teilnehmen können. So kann man sich besser kennen lernen und feststellen, dass man gar nicht so verschieden ist, wie man vorher glaubte. Begegnungen und Auslandaufenthalte von Jugendlichen fördern. Aufklärung, z.B. Statistiken zeigen, um Behauptungen wie zum Beispiel alle Ausländer sind kriminell, zu entkräften. Regelmäßige Gedenkstättenfahrten, zum Beispiel nach Buchenwald, Verbot von Falschmeldungen im Netz, in denen Menschen, die eingewandert sind, schlecht gemacht werden. Äußerungen und Behauptungen von Politikern und Medien muss durch Fakten bewiesen werden. Menschen müssen zur Kritik erzogen werden. Parteien müssen auch Kritik zulassen. Bildung für alle, es muss mehr Geld für Bildung ausgegeben werden. Jeder Einwanderer muss die deutsche Sprache lernen, desto schneller kann er hier einen Beruf erlernen. Alle Menschen, die hier leben, müssen sich an die geltenden Regeln halten, Menschen, die aus fernen Ländern kommen, muss man diese Regeln erklären. Die Regierung muss die Meinungsfreiheit sichern. Die Regierung muss früh genug einschreiten, bevor Unrecht geschie

Am Sonntag Stadtführung und Heimfahrt

Am Sonntag waren wir vom anstrengenden Tag vorher sehr müde. Trotzdem mussten wir früh aufstehen, um die Betten abzuziehen und uns für die Stadtführung fertig zu machen. Die Stadtführung dauerte zwei Stunden und war sehr umfangreich. Wir erfuhren etwas über die Weimarer Klassik, die vor allem Goethe und Schiller verkörperten. Sehr interessant fand ich auch das Bauhaus in Weimar, eine Schule für Kunst und Architektur. Das Gebäude stammte aus den zwanziger Jahren und sieht auch nach heutigen Maßstäben sehr modern aus. Die bekannten Lampen von Wagenknecht wurden dort entworfen. Die Statue von Goethe und Schiller vor dem Stadttheater zeigte wie noch einmal wie sehr Goethe und Schiller die Weimarer Klassik geprägt haben. Hier endete unsere Stadtführung mit einem Gruppenfoto vor der Statue. Wir haben an einem Wochenende freiwillig an dieser Fahrt teilgenommen. Wir würden es wieder tun. Nach unserer Meinung müsste jeder einmal in Buchenwald gewesen sein, weil dann jeder mehr darüber nachdenken würde, wohin Vorurteile und Ausgrenzung führen. Dann müsste man vielleicht keine Sorge haben, dass sich Buchenwald wiederholt. Antonia (17) Larisa, Tina, Monique, Stefan (16 Jahre)

Ansprechpartnerinnen: Frau Posthoff, Frau Rajic-Pfetzing