Songprojekt mit integrativem Vernetzungscharakter
Konzept des Songprojektes mit integrativem Vernetzungscharakter
Entstehung des Ursprungs-Projektes "Liebe macht süchtig! - Aktion gegen Loverboys" an der Johann-Gutenberg-Realschule in Kooperation mit der Dortmunder Mitternachtsmission e.V.:
Hier ein Blick in unseren projektbegleitenden Blog des Ursprungsprojektes
Im Jahr 2017 entwickelt sich aus dem Fach Deutsch einer Klasse 10 mit dem Aufgabentyp "Verfassen von informierenden Texten" der Themenbereich "Loverboys". Dieser wird im Rahmen der engagierten Präventionsarbeit der Jugendkontaktbeamten an die Johann-Gutenberg-Realschule herangetragen mit dem Hinweis auf aktuelle Fälle in Dortmund. Parallel dazu läuft eine (teils in Dortmund gedrehte) WDR-Dokumentation zu den Machenschaften junger Männer, die Mädchen emotional abhängig machen, um sie letztlich in die Prostitution zu schicken. Die Schülerinnen und Schüler an der JGR sind so geschockt, dass sie beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Es kommt zu Interviews in der Beratungsstelle der Mitternachtsmission wie auch zu eigens erarbeiteten Workshops für die Jgst. 8-10 und selbst gestalteten Elterninformationen, welche durch eine 4köpfige Mädchengruppe organisiert werden mit Unterstützung von Hanna Biskoping (Mitternachtsmission) und Claudia Werner (Johann-Gutenberg-Realschule). Stets blicken die Multiplikatorinnen neben dem aufklärenden Aspekt auf einen kreativen Ansatz. Mittlerweile haben 9 neue Schülerinnen nach dem Schulabschluss der ersten Gruppe das Projekt äußerst engagiert übernommen und es entstehen 400 produzierte Kampagnen-Schlüsselanhänger, welche mit einem Aufklärungsflyer verschenkt werden. Schülerinnen und Schüler entwerfen Plakatmotive für Graffitiaktionen, eines wird für ein erstes Banner zum Projekt mit dem Graffitikünstler Florian Moritz umgesetzt. Weitere Workshops und Projekte sind geplant.
"Liebe macht süchtig!" - Songprojekt zur interkulturellen Vernetzung in Koop. mit dem Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund" und der Dortmunder Mitternachtsmission e.V.
Schwerpunkt Integration und Partizipation:
Die Themen "Loverboys" und "Prostitution Minderjähriger" sowie "Menschenhandel" bieten mehrere Ansätze zu Integration und Partizipation.
- In der Öffentlichkeit herrscht das Vorurteil, dass nur junge Männer mit Migrationshintergrund zu Loverboys werden. Dies ist nicht der Fall. Die Jugendlichen sind (zu recht) entsetzt, wenn sie hören, dass auch Deutsche unter den Tätern sind, dass auch durch Frauen Kinder und Jugendliche verkauft werden...
- Unter den vielen minderjährigen Prostituierten in Dortmund sind viele geflüchtete Mädchen (meist aus Afrika). Oft müssen sie ihre Schulden für die Flucht abzahlen. Viele der Schülerinnen und Schüler glauben z.B., dass muslimische Mädchen so etwas niemals machen würden.
- Noch immer wissen viele Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern und natürlich auch Jugendliche nicht, was Loverboys sind und wie ihre Masche funktioniert. Wenn Jugendliche zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden, erreichen sie viel mehr Jugendliche und sind auch in ihrer Darstellung viel authentischer. Die Partizipation wird an der JGR von der Lehrer- und Elternschaft als sehr eindrucksvoll erlebt.
- Mädchen und Jungen im Alter von 13 - 18 Jahren reden kulturübergreifend über ein Thema, welches normalerweise in unserer Gesellschaft eher totgeschwiegen wird.
- Dieses Projekt soll nicht nur Hilfe für (mögliche) Opfer bringen (Wie schütze ich mich? Wo bekomme ich Rat und Hilfe?). Es soll vor allem Freundinnen und Freunde, Eltern und Lehrerschaft - letztlich die Gesellschaft auffordern, hinzusehen, gerade wenn sich ein Mädchen zurückzieht, den Kontakt zu suchen und das kultur- und altersübergreifend.
In Netzwerktreffen mit den Kooperationspartnern vom Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund" wird nach einer Idee gesucht, gerade junge Frauen mit Fluchtgeschichte zum Thema "Loverboys" zu erreichen. Zunächst ist da von Klaus Banaszak die Idee, eine Lehrerfortbildung in dem Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund" durchzuführen. Schließlich setzt sich der kreative Ansatz und die Form der Integration und Partizipation durch Jugendliche durch. Wir knüpfen an die Erfahrungen von "Creativity connected" seit 2015 an.
Keith Powell - Musiker und Produzent - wird als Projektkooperationspartner hinzugenommen. Mit Unterstützung des Deutschunterrichtes der Jgst 9 der Johann-Gutenberg-Realschule mit dem Aufgabentyp "Verfassen und Interpretieren von Liebeslyrik" entsteht ein Songprojekt, das an 4 Nachmittagen in Form von freiwilligen Workshops im Adams Corner am Westpark stattfindet.
9 Mädchen aus der JGR (teils noch mit Begleitung durch Freunde) treffen auf etwa 20 junge Frauen und einige junge Männer mit Fluchtgeschichte vom Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund. Es werden 3 Lieder über die Liebe geschrieben, selbst eingesungen und produziert. Der Austausch ist äußerst intensiv, denn 1 Song soll ja zu "Liebe macht süchtig!" - Aktion gegen Loverboys" passen. Es wird teils in Deutsch, teils mit Übersetzung durch Freunde oder Zeichnungen sehr intensiv über Loverboys, über die Tücken des Verliebtseins, über die rosarote Brille diskutiert. Eigentlich war angenommen worden, dass nur Mädchen bei dem Projekt mitmachen, aber dann sind es letztlich viele Textpassagen der Jungen aus dem Deutschunterricht, die in den Song integriert werden und am Ende wird der Loverboy auch von einem Jungen gesungen. Bis zum Schluss wird daran gefeilt, wie der Text eines Loverboys sein muss, wie direkt er das Mädchen anspricht, einschüchtert, was er wirklich denkt. Am Ende des Liedes dürfen Jugendliche aus den verschiedensten Herkunftsländern warnende Botschaften wie "Du wirst es an seinen Augen sehen!" in den entsprechenden Muttersprachen singen.
Ein neu zugereister Jugendlicher ist z.B. erst 3 Wochen in Deutschland und strahlt und alle applaudieren.
Bei vielen wird zum ersten Mal ein Gesangstalent entdeckt. Alle drei Lieder werden sehr authentisch, von großer Qualität und haben ihren eigenen inhaltlichen Schwerpunkt und Stil.
Es gibt danach ein 4. Treffen, bei dem alle 3 professionell abgemischt und produzierte Songs präsentiert werden, nachdem man gemeinsam Pizza gebacken und gegessen hat.
Die beeindruckten Schülerinnen aus der Johann-Gutenberg-Realschule wollen wie auch alle anderen Teilnehmenden die Zusammenarbeit fortsetzen.
Zum Song entsteht später eine unplugged Version in der Schule unter Leitung des Musiklehrers Andreas Kurzhöfer und die Schülerin Nisa Yalcinkaya zeichnet eine Bildfolge, welche zu einem Video verarbeitet werden soll. Es ist in diesem Schuljahr eine Tanz-Perfomance zu dem Song geplant, sodass Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit gegeben sind. Die seit 2015 bestehende Kooperation zur interkulturellen Vernetzung (bisher "Creativity connected") wird aktuell im Rahmen von "Künste öffnen Welten" fortgeführt. Besonders charakteristisch für die Kooperation der Johann-Gutenberg-Realschule mit dem Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund" seit 2015 ist, dass es nicht darum geht, etwas für Jugendliche mit Fluchtgeschichte zu machen, sondern mit ihnen - auf Augenhöhe. Nur so scheinen uns Integration und Partizipation möglich zu sein. Somit lernen sich Jugendliche mit unterschiedlichsten kulturellen Wurzeln kennen und wir haben nicht selten erfahren, dass sich gerade Jugendliche aus Dortmund durch diesen Austausch selbst besser kennenlernen konnten und nun viel reflektierter und respektvoller miteinander umgehen.
für den Integrationspreis 2019 der Stadt Dortmund!
Hier kann man noch einmal nachlesen, wie über das Song-Projekt "Liebe macht süchtig - Aktion gegen Loverbys" in unseren News berichtet wurde. Weiter unten hier im Blog findet man auch einzelne Etappen des Projektes.
Und hier steht noch einmal ausführlich, wer mit im Netzwerk ist zugrunde liegt.
Federführend sind neben den egangierten Schülerinnen und Schülern ehemals: Anastasiya, Erica, Yasmine, Anita, Nisa, Hüseyin- jetzt insbesondere: Marie, Loubna, Emma, Celina, Lina, Rajana, Rabea, Sophie, Rukije, Derya folgende Ansprechpartner:
- Hanna Biskoping (Dortmunder Mitternachtsmission e.V.)
- Claudia Werner, Andreas Kurzhöfer (Johann-Gutenberg-Realschule)
- Klaus Banaszak (Projekt "Angekommen in deiner Stadt Dortmund")
- Keith Powell (Musiker, Produzent)
- Jennifer Peters, Ercan Erdogan (Jugendkontaktbeamte)
- Wolfgang Föst (Schulsozialarbeiter)