Heute Juniorwahl an Johann-Gutenberg-Realschule,
JGR bereitet sich auf die Wahl vor
Die Landtagswahl am 14. Mai verändert mit seinen zahlreichen Wahlplakaten nicht nur das Straßenbild, sondern ist auch in der Johann-Gutenberg-Realschule momentan allgegenwärtig. Zahlreiche Infotafeln und Stellwände pflastern die Schulstraße. Mit ihren Plakaten, die im Politik- und Sozialwissenschaftsunterricht entstanden sind, informieren die Jugendlichen ihre Altersgenossen über aktuelle Streitthemen, über die 31 antretenden Parteien und ihre Programme, über das Wahlsystem und die Arbeit des Landtages. Altersgenossen? Verbietet es die politische Korrektheit, diesen Begriff in Wahlkampfzeiten überhaupt zu verwenden?
Hintergrund der umfangreichen Initiative ist das Projekt "Juniorwahl". Dieses hat sich seit mehr als 15 Jahren an vielen Schulen etabliert. Zur Landtagswahl 2017 nimmt auch die JGR wieder daran teil. Alle Neunt- und Zehntklässler sind schon am 11.5. zur Stimmabgabe aufgefordert. Ihr Votum und das von 257 anderen teilnehmenden Schulen in NRW dieses Jahr wird von den Organisatoren am Freitag abgerufen. Sobald am Sonntag die Wahllokale schließen, werden neben den offiziellen Hochrechnungen auch die Zahlen der Juniorwahl veröffentlicht. Welche Trends zeichnen sich bei den nicht Wahlberechtigten unter 18-Jährigen ab? Wer hat in den Augen der Jugendlichen das Zeug NRW die nächsten fünf Jahre zu regieren? Wen würden die Schülerinnen und Schüler der JGR als Direktkandidatin oder Direktkandidaten für den Wahlbezirk Dortmund IV in den Landtag schicken?
Seinen Ursprung haben die Juniorwahlen In Berlin. Zur Bundestagswahl 2002 konnten bereits 60.000 Schülerinnen und Schüler an 250 Schulen bundesweit ihr Kreuzchen machen. Wie Gerarld Wollf vom Verein Kumulus e.V. beim Vorbereitungstreffen im Landtag am 1. März erzählte, war es eine Gruppe ehemaliger Gymnasiasten, die sich über die Schulzeit hinaus für politische Bildung stark machen wollte. Durch aktive Teilhabe sollte dem zunehmenden politischen Desinteresse unter Jugendlichen entgegentreten werden. Der Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem System der Bundesrepublik stellt seitdem die Simulation einer Wahl dar. Von der Wahlbenachrichtigung, den Wahlkabinen bis zu den Stimmzetteln sind bei der Juniorwahl alle Materialien dem echten Wahlvorgang nachempfunden. Über die Jahre sind zahlreiche Unterrichtsmaterialien zur Vorbereitung auf die Wahl entstanden. Durch die Arbeit an Lernstationen können sich die Jugendlichen intensiv in die Systemtheorie einarbeitet. Bei aller Theorie ist allerdings das alles überragende Leitmotiv eine lebendige Demokratie. Der offizielle Wortlaut lautet: "Das Hauptziel der Juniorwahl ist es, einen Beitrag zur politischen Sozialisation von Jugendlichen zu leisten. Das Projekt möchte Schülerinnen und Schüler an Prozesse der demokratischen Willensbildung heranführen und sie auf die künftige Partizipation innerhalb des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland vorbereiten.(Quelle: www.juniorwahl.de)
Angelehnt ist die Juniorwahl an das seit 25 Jahren entwickelte amerikanische Modell "KidsVoting". Neben dem Engagement diverser Stiftungen, den Landes- und der Bundeszentrale für politische Bildung ist das Projekt ein spannender Forschungsgegenstand. Es wirken zahlreiche Universitäten mit. Die wissenschaftlichen Begleitstudien konnten bestätigen, dass die Teilnahme an der Juniorwahl dazu führt, dass in den Familien häufiger über politische Fragen diskutiert wird. Sogar der Anteil der Nichtwähler nimmt messbar ab. 4% mehr Eltern gehen zu Wahl. Juniorwahl erhöht das politische Interesse und vergrößert die Anzahl der Zeitungsleser. (vgl. www.juniorwahl.de/Wissenschaft.html)
Neben messbaren Ergebnissen sind Veränderungen in der JGR gut sichtbar und vor allem unüberhörbar. Im Schülercafe ist seit einigen Wochen die Wahl ein beherrschendes Thema. In den Pausen werden die Diskussionen aus dem Unterricht weitergeführt. Hier spielen die politisch streitfreudigen Jugendlichen ihre kommunikativen Kompetenzen aus, die sie durch die jährliche Teilnahme am Wettbewerb "Jugend debattiert" geschult haben.
Während im Schwerpunkt Sozialwissenschaften Wahlprogramme analysiert werden, wird im Politikunterricht der Wahl-O-Mat genutzt. Was steckt hinter den Sprüchen der Wahlplakate? Wie positionieren sich die Parteien inhaltlich? Was sagen die Parteien zu den Politikfeldern, die Jugendliche als bedeutsam definieren?
Spannung steigt
Mit der Zustellung der Wahlbenachrichtigungen weiß nun 1/3 der Schülerschaft, dass Donnerstag Wahltag ist. Zwei Stunden lang bleibt Zeit zur Stimmabgabe im eigens präparierten Wahllokal. Das verantwortliche Wahlleitungsteam hofft auf eine außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung. Sie würden gerne damit ein Zeichen setzen, dass ohne die Beteiligung der Jugend der politischen Willensbildung im Land ein wichtiger Faktor fehlt. Das Kapitel Wahlrecht ab 16 bei Landtagswahlen ist für sie nicht geschlossen.
Schülerinnen des Kurses 10-SW bei der Auswertung des Wahl-O-Mat-Ergebnisses. Welche Partei stimmt den 38 vorgegebenen Thesen zu? Welche ist dagegen oder macht gar keine Angabe?
Unter den strengen Augen des Wahlleiters Silas füllen die Mitschüler die Wahlverzeichnisse aus und bereiten die personalisierten Wahlbenachrichtigungen für alle Schüler der Klassen 9 und 10 vor.
Wahlleiter Silas aus dem Kurs 10-SW legt selbst Hand an, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl sicherzustellen.
Text und Bilder: Michael Schubert