Eva Weyl
Zum zweiten Mal in der Johann-Gutenberg-Realschule
Eva Weyl war als Kind mit ihren Eltern im Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden inhaftiert. In Westerbork waren die Lebensbedingungen im Vergleich zu anderen Arbeitslagern recht erträglich. Eva musste nicht hungern, die Familien blieben zusammen. Aber jeden Dienstag ging ein Transport in das Vernichtungslager Auschwitz.
Eva Weyl erzählt ihre Geschichte und erzählt von dem Glück, dem großen Glück, überlebt zu haben. Nur durch einen Zufall, einem Bombenangriff der Alliierten, mussten sie und ihre Familie nicht in den Zug nach Auschwitz. Sie zeigt Fotos von ihrer Familie und die Schülerinnen und Schüler hören interessiert zu. Still ist es in dem sehr vollen Raum.
Sehr wichtig ist Eva, dass die Schülerinnen und Schüler die „Annehmlichkeiten“ im Lager - das Krankenhaus, Schule, Theater - nur als einen „trügerischen Schein“ begreifen: Die inhaftierten Menschen sollten beruhigt werden, sie sollten ihre Hoffnung nicht verlieren, damit alles schön ruhig war und blieb, damit die wöchentliche Deportation reibungslos vonstattenging. Sie erzählt von der Sorge ihrer Eltern, wie es zukünftig weiter gehen solle, was sie erwarten würde, wenn sie das Lager mit dem Zug verlassen müssten, und sie erzählt, dass dienstags die Kinder nicht draußen spielen durften. Zu groß war die Angst der Eltern, dass die Kinder verloren gingen und in den Zug gesteckt würden. Die Erwachsenen im Lager ahnten oder wussten, dass die Fahrt mit dem Zug ihr Tod sein würde.
Eva Weyl schlägt auch einen Bogen zur Gegenwart: Letztes Jahr hat sie 50 Schulen in NRW besucht. Warum mutet sie sich diese Strapazen zu, Eva Weyl ist 83 Jahre alt! „Nie wieder Auschwitz“! Das treibt sie an. Sie setzt sich gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen Antiislamismus ein, für Demokratie und die Menschenrechte. Immer wieder betont sie, wie glücklich wir uns heute schätzen können, in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat zu leben. Unmissverständlich und mit deutlichen Worten fordert sie die Jugendlichen auf, den Menschen zu sehen, den einzelnen Menschen, nicht seine Hautfarbe, nicht seine Religion, nicht das Land, aus dem er kommt. Die Jugendlichen sollen einen Menschen nicht nach den Taten seiner Eltern beurteilen sondern nur nach seinen eigenen. Nur so entstehe Frieden. Sie selbst hat es vorgelebt: Mit der Tochter des damaligen Lagerkommandanten Gemmeker von Westerbork ist Eva Weyl gut bekannt, regelmäßig sehen sie sich und sprechen miteinander.
Zum Abschluss bittet Eva Weyl die Jugendlichen, Zweitzeugen zu sein, denn die Zeitzeugen würden nicht mehr lange leben. Die Schülerinnen und Schüler hätten die Aufgabe, zukünftigen Generationen vom Schicksal der verfolgten und ermordeten Menschen im Nationalsozialismus zu erzählen: „Es darf niemals vergessen werden.“ Nur wenn man nicht vergisst und genau hinschaut, kann eine Wiederholung der Geschichte verhindert werden.
Text: Barbara Posthoff, Fotos: Rüdiger Barz, Michael Schubert
Ansprechpartner: Barbara Posthoff, Kristina Rajic-Pfetzing