Einblicke in die Moschee

04.07.2017

Religionskurs besucht Hörder Moschee

Einen Kurztripp in eine andere Welt machte der Kurs Katholische Religionslehre Klasse 10 unter Leitung von Frau Haken. Klimatisch könnte es an diesem heißen Tag durchaus Istanbul sein. Der Bus bringt die Schülerinnen und Schüler allerdings nur ein paar Haltestellen von der Schule entfernt zur Straße am Grimmelsiepen. Hier hat Dortmund seine „Blaue Moschee“. Dieses nach vierjähriger Bauzeit 2016 eingeweihte Schmuckstück der türkisch-islamischen Gemeinde bietet in seinem Gebetsraum viel Platz für die Gläubigen. Die Gebetsnische und Kanzel sind kunstvoll mit den aus der Türkei importierten blauen Kacheln verkleidet. Das Glaubensbekenntnis (arab. schahada) prangt kaligrafisch verschlungen an den Wänden. Auch hierfür wurden eigens Moscheekünstler aus der Türkei engagiert. In einer Ecke entdeckt man ein kleines Podest. Von hier aus hält der Muezzin Blickkontakt zum Imam, um zum rechten Zeitpunkt zum Gebet zu rufen. Der Ruf des Muezzins beschränkt sich aber noch auf den Moscheeraum. Die Errichtung des Minaretts markiert den letzten Bauabschnitt bis Ende des Jahres.

Die Gruppe wird herzlich vom Moscheeführer Mahmut im Namen der Sultan-Ahmet-Gemeinde begrüßt. Im Gebetsraum erwartet die Lernenden der Imam Ali Ates. Er ist erst seit einigen Monaten in Deutschland, so dass Mahmut das Übersetzen übernimmt. Für etwa vier Jahre bleibt der Theologe mit seiner Familie nun in Hörde, um die Gemeinde in Glaubensfragen zu beraten und mit ihnen zu beten. Verstärkt wird Imam Ali Ates heute von seiner sechsjährigen Tochter, die verschmitzt hinter ihm die Gruppe beäugt. Später ist zu erfahren, dass es für Imame keine Verpflichtung gibt im Ausland tätig zu sein. Auf eigenen Wunsch ist Imam Ali Ates als Gemeindevorsteher nach Dortmund gekommen. Deutschland hat ihn schon immer interessiert und er freut sich, dass seine Tochter so schnell in der Schule die Sprache lernt.
Die erste Lektion, welche die Gruppe als Ergänzung ihres Vorwissens über den Islam an diesem Tag aber lernen muss, ist die einfache Regel: Fliesen? Schuhe an, Teppich? Schuhe aus.
Im Sinne des Schulfachs Religionslehre setzen sich die Jugendlichen nicht nur mit der eigenen Konfession auseinander, sondern lernen auch die Vielfalt religiöser Ausdrucksformen insbesondere die Glaubensgrundsätze der großen Weltreligionen kennen. In den Erläuterungen des Moscheeführers Mahmut erkennen sie Erlerntes wieder. Staunend studieren die Jugendlichen den von der Gemeinde entwickelten digitalen Fastenkalender für den Fastemonat Ramadan. Auch beim Fasten erkennen sie durchaus Gemeinsamkeiten.

Als Zeit der Besinnung und (Neu-)Ausrichtung auf den einen Gott, wie immer er auch genannt wird, durchbricht der Gläubige seine liebgewonnenen Gewohnheiten und täglichen „kleinen Sünden“. Diese Veränderungen bekommen die Jugendlichen durchaus auch bei ihren muslimischen Mitschülerinnen und Mitschülern mit. So kann der Imam auch die Frage klären, warum das Schwimmen während des Ramadan nicht angeraten ist. Die Gefahr, versehentlich Wasser in den Mund zu bekommen und damit das Fasten zu brechen, ist einfach zu groß. Sie erhalten jedoch auch Informationen, welche Ausnahmen es gibt und wie die Gemeinde das Ende des Ramadans feiert. In den neuen, rein spendenfinanzierten Gemeinderäumen sollen zukünftig auch die zahlreichen Bildungsangebote, Jugendtreffs und selbstverständlich der Koranunterricht wieder aufgenommen werden. Während der Imam kurz in den Vorraum entschwindet, in dem sich eine große Zahl Gläubiger eingefunden hat, um das Totengebet für ein kürzlich verstobenes Gemeindemitglied zu beten, erklärt Mahmut die Strukturen der Gemeinde und berichtet viele Details rund um die bewegende Bauzeit. Wiederholt betont er in seiner herzlichen Art, dass auch Nichtmuslime immer willkommen sind. In Kooperation mit der Schule werden Überlegungen zur Einbindung auch der muslimischen Kinder in traditionelle Feiern wie einem Abschlussgottesdienst angestellt. Für den Imam stellt es kein Problem dar mit Juden und Christen gemeinsam zu beten. Gerne kommt er in die Kirche und spricht gleichzeitig die Einladung aus, im nächsten Jahr dann gemeinsam in der Moschee zu beten.
Als Fazit sei formuliert, dass dieser Unterrichtsgang ein Paradebeispiel für lebendiges Lernen und originale Erfahrung ist. Reale Bilder von gelebter Religion ergänzen nachhaltig die Informationstexte, Folien und Schemazeichnungen des Unterrichts.
Verdrängt wird der Eindruck von angenehmer Kühle im Gebetsraum nach einer Stunde durch die sommerliche Schwüle eines fast normalen Montags. Zur sechsten Stunde werden die Jugendlichen wieder in der Schule erwartet.

Bericht: Michael Schubert, der die Gunst der Stunde nutzte, sich unter die Lernenden zu mischen, um selbst die neue Moschee kennenzulernen und Antworten auf einige Fragen zu erhalten.